Freitag, 18. Juni 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 4]

Grün fiel es sicherlich nicht leicht, nein, es war nicht einfach, zum wiederholten Male mit diesem Blick, mit diesen Augen, die Stätte der Verwesung zu betreten, welcher er doch zu oft den Rücken zugekehrt hatte, doch es war auch eine Geste, Ausdruck inneren und äußeren Zwangs, welcher er sich nicht entziehen konnte und in welcher er sich spiegelte. 

Katastrophen nicht aus dem Auge zu verlieren, sondern sie vielmehr nur im Auge zu sehen, im Auge des Betrachters, scheint ein Talent zu sein, welches sich dieser Tage kaum in Sprache fassen lässt, vorausgesetzt, dass es noch nicht verloren ist.



Es wird viel geredet und man hört auch viel zu, vielen zu, zu vielen zu, doch ist das Kreuzfeuer der Kritik stets nur ein Blitzlicht-Gewitter, ein Donnerwetter, im Zuge dessen sich die schwarzen Wolken als nichtig erweisen, die Einschläge nichtsdestotrotz ihre Wirkung entfalten und diese ist:

Ein schamhaftes, kaum aufrechtzuerhaltendes, rotierendes Lächeln, zuckende Fältchen um die Lippen. Angst um Angst, Gedenken an die Außenwelt, ohne von ihr Notiz nehmen zu können. Grün kannte das alles schon, doch hier nun sollte es ihm erleichtert werden, anderen die Spannung zu nehmen.

Im Aufzug sprach Grün mit niemandem; er lauschte den Gesprächen und er entnahm ihnen ein fundamentales Grundverständnis von Liebe, welches sich in einer Art wildem Herumgehampel, einem einzelnen Ohrhörer und unflätigen Witzen äußerte. Es handelte sich um Witze gegen Faschismus.

Witze gegen Faschismus.



Die Katastrophe Grüns, die Grünsche Katastrophe bestand darin, eigentlich alles richtig gemacht zu haben, den Formalia zu entsprechen, jedoch dennoch unzureichend zu erscheinen, als unzureichend dargestellt zu werden, konstruiert zu werden. Im weiteren Sinne bestand die Katastrophe darin, dass es doch seine Aufgabe war, gerade solche Katastrophen anderen Personen auszureden - und zwar mittels professioneller Technique.

Grüns Aufgabe, also die letztliche Aufgabe, war das "sich wundern". Die beiden Handflächen betend gegeneinander gepresst, die Fingernagelkuppen der Daumen hinter die Schneidezähne drückend, dachte er schon nach, nur kam er zu keinem Ergebnis, als ihm eine alte Weise einfiel, welche von einem Goldgräber erzählte, welcher so vernarrt nach Gold suchte, dass er sich am Ende sein eigenes Grab schaufelte.

Grün selbst war stolz darauf, dass er groß genug war, um aus einem üblichen Grab mit Leichtigkeit hervorluken zu können.




1 Kommentar:

  1. Lieber Unbekannter, danke erstmal für die "gute besserung".

    Klar, das ist keine Frage, auf die ich eine klare Antwort erhalten will, das geht ja auch gar nicht.
    Es ist eher eine Art Fangfrage, die vielleicht manche Leute ein Stück auch zum Nachdenken anregen soll.
    Meine Antwort wäre wiefolgt:
    Beide Thesen sind richtig.
    Die Menschen schaffen Mode und Kleidung, das ist klar, aus ihrer eigen (oder der eines anderen) Hand. ABER die Mode die wir tragen bestimmt LEIDER auch uns, wir können und eine Identität mit ihr verschaffen, die wir vorher nicht hatten. Wir können mit Menschen zusammensein, die uns nur mit dem "richtigen Style" anerkennen und wir können uns auch zu einer politischen oder sozialen Gruppe als zugehörig erweisen.
    Mode macht uns. Sie kann uns helfen ein Ziel zu erreichen und sie kann ebensoviel zerstören. Das ist aber nicht richtig so, denn was zählt, ist die innere Haltung. Nehmen wir doch als bestes Beispiel den derzeitigen "indieboom" der ja auch stark von der Beatmusik und dem RocknRoll beeinflusst ist. Man fängt nicht mit den Klamotten (und ich wähle dieses Wort ganz bewusst) an RocknRoll zu "sein", sondern man ist es im Herzen, und da muss es auch anfangen.

    SO nun zum 2. Teil, ein Trend ist vergänglich, klar. Aber manche Mode bleibt immer. Trotzdem, wie du ja ganz richtig sagst, beginnt Einzigartigkeit in einem selbst. Das kann nach außen abfärben, muss aber nicht. Und WENN es nach außen dringt, dann heißt das nicht gleich dass das jeder toll findet was man so trägt. Gerade solche Menschen werden von den vermeintlich "top gekleideten also auch oberindividuellen" Menschen doch geradezu ausgelacht. Trotzdem kann man es ruhig nach außen tragen.

    Alles in allem ist beides richtig, hauptsache manche Menschen fangen langsam mal an nachzudenken und nicht immer nur zu nicken.


    AAAAAAAAAAAAH MOMENT, da fällt mir auf, jetzt weiß ich wer Sie sind mein Herr haha :D

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