Dienstag, 30. November 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 6]




Nach all den Zeiten, Gewohnheiten und Unfällen ließ sich Grün bei genauerem Hinsehen weder durch das Stolpern, das launige Stieren noch durch die immerfortwährenden Wiederholungen der Selbstjustiz ablenken. Das, was sich schon in altertümlichen Schriften abzuzeichnen drohte, stets immer und immer wieder antizipiert wurde - und dies sogar auch im tatsächlichen Sinne, bedenke man doch all die Prozesse der Auslotung, welche Grün schief und schepp ins Stammbuch geschrieben wurden - geriet nun alsdann zur altertümelnden Falle.

Im Ursprung hatte es geheißen, dass eine gewisse Idee - oder sagen wir lieber: Perspektive - gepaart mit fortschrittlich-materialistischer Philosophie, den Berg unzumutbarer Phantasien dem Wanderer als Tunnel erscheinen lassen würde, so er sich denn jemals des Anblick des selbigen getraute.



All die Briefe, die so wohl geschriebenen und erhaltenen Fragen und Antworten, die bar jeder Motivation herausgekramt und korrekt sortiert Geschichtsunterricht erteilen wollten, brannten schon wieder lichterloh; all die Kriege, die nur mehr geschriebenen und erhaltenden Sagen und Forderungen, die unweit dieser einen Motivation aus dem Fleisch gerissen und wohl konnotiert Sachunterricht leisten wollten, weinten schon wieder trockene, müde Tränen der Einweglosigkeit, Sympathien hegend gegenüber Feinheiten des Lebens, welche sich nur durch oder in Tatsachen ausdrücken lassen.



Einem Druck, welchem Grün nun dann doch nicht mehr den nötigen Sinn und die bleiche Kraft entgegensetzen konnte, welcher es bedurft hätte, wenigstens prustend und wild um sich schlagend eine gewisse Aufmerksamkeit zu erregen, die, falls substantiell betrachtet, möglicherweise nicht nur das ein oder andere hämische Grinsen oder Hochziehen von Augenbrauen zum Ausdruck gebracht hätte.

Jedoch, hier waren mittlerweile keine Geschenke mehr zu machen. Die in den letzten Wochen und Monaten abnehmende, schier unerträglich blendende treue Dunkelheit machte mehr und mehr einem literarisierten Glanz Platz, welcher immer öfters den Kniefall zum täglichen Ritual werden ließ.

Auf dem Boden der Tatsache blieb nur noch die Möglichkeit, den Inhalt der aufgelesenen Zigarettenstummel rücklings liegend seiner Verpackung zu entledigen.

Viva Las Vegas!

Mittwoch, 10. November 2010

Notiz zu der Tatsache, dass das Erfahrbare niemals das Erreichbare erfuhr, auch niemals erreichte

Unsere Augenwinkel kannten wir schon auswendig, auch hatten sich schon unsere Hände und deren Extremitäten damit abgefunden nach den Hemdsärmeln zu greifen, um an ihnen herumzunesteln.

Unser Unterkiefer war stets auf Druck nach hinten gezogen, die Lippen gespannt.

Unsere Schuhe waren aus Leder, die Argumente derer - auch.

Are you of legal drinking age, on minimal wage
Well, welcome in!

Ihr wusstet es besser und flüstertet uns in Ohr: [Tja, wenn man das noch wüsste, es hatte irgendwas mit Weihnachtsmännern und Konsumverzicht zu tun... und mit graphisch schlecht gemachten Flyern.]

Montag, 1. November 2010

Elefanten





Man betritt den klar abgegrenzten Bereich der Elefanten mit einiger Verzögerung. Die offensichtlich viel zu großen Köpfe und viel zu großen Ohren dieser Tiere hatten ihr 'Übrigens' getan, dass man eine gewisse Vorsicht an den Moment zu legen pflegt.

Immerhin geht es hier ja um Tatsachen, welche nicht vergessen werden sollten, weshalb eine vertraute Unvoreingenommenheit sicherlich der falsche Weg wäre, sich dieser Angelegenheit zu nähern.
Hier und da mal ein paar Worte zu äußern, das ist mit Bestimmtheit nie als falsch anzusehen, dann aber jedoch muss man die Bedeutung der Worte kennen und auch die sich möglicherweise ergebenden Folgen.



Trotz der sich im vorhinein offenbarten Besuchermassen, welche sich in Richtung Kassenhäuschen schlängelten, ist man zwischen diesen großen Tieren allein. Die Auswahl der Zellen ist insofern unabhängig vom Spekulativen.

Selbstsicher und ungefährlich bewegen sich die massiven Körper um den Menschen herum, ohne sich zu stoßen. Sie gehören zusammen, bedeuten allerdings jeder für sich etwas; sie berühren sich, schmiegen sich aneinander, ohne sich jedoch miteinander gemein zu machen.


Die zerrissene, gegerbte Haut; die gelblich, stumpfen Hufen... die ganzen Haare, wenn man mal näher hinschaut; der liebenswürdige Überbiss. 

Die Dummheit der Elefanten, wenn man mal näher hinschaut: Die sich all das noch gefallen lassen, was Tage, Wochen, Monate oder selbst Jahre zurückliegt. Diese Dummheit zu ertragen, dazu braucht man breite Füße. dass man stehen kann, dass man sich an ihnen wenigstens festhalten kann, dass sie einen mitnehmen.

All die Sprüche und Beweise, all die Schwüre und Entgleisungen... viel lieber sollten sie Teer sein und Federn, viel lieber Blei und Pulver. 

Da sind aber nur Elefanten.



Einen Elefanten mit nur einem Schuss zu erledigen, ist so einfach nicht. Damals hießen sie Shotguns, heute Gewehre. Der lahme Dickhäuter allerdings wird sich von solch Namensänderungen kaum beeindrucken lassen, da er seine Wege geht. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass der kultivierte Großwildjäger ausgestorben ist.

Aber die Stampede, aber die Idee, die bleibt. Und wer so etwas schon einmal miterlebt hab, der glaubt ein Leben daran. 

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 5]

Es war - aufgrund der Tatsächlichkeit, der sich kaum mehr zu überbietenden Memoiren - im Grunde absehbar, dass eine der letzten Fingerzeige Grüns in Richtung derer deuteten, welche dazumal eine gewisse, sicherlich auch historisch-relative, Zuneigung Grün gegenüber zeigten.

Das Faktum, dass tagtäglich Ehen geschlossen und geschieden, dass tagtäglich Beziehungen eingegangen und beendet werden, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese eigentlich dem Ursprung entsprangen, eine gewisse Festigkeit zu erreichen, eine gewisse Gefühllosigkeit zu verlieren beziehungsweise eine besondere Art des Lebens zu verwirklichen, welche da nämlich wäre: die der sogenannten romantischen Liebe.

Grün war niemals einer dieser neurotischen Romantiker. Zwar schrieb er oftmals lange Briefe; aber dennoch erhielt er stets die gleichen Antworten; in diesen ging es um - ja - Kekse, um herzliche Umarmungen, sogar um Miracoli - und zu guter letzt (das soll nicht verhehlt werden) - auch um Hamster.

Es ging aber immer auch um Gedanken, um Tageszeiten, um Leben jenseits des Alltags, um Ideen des neuen Menschen. Um Fragen der Wirklichkeit für die, die da schrieben.



Grün antwortete stets selbstbewusst und wahrheitsgetreu.

Selbstbewusst in dem Sinne, dass er sich seiner Selbst bewusst war; getreu der Wahrheit, die er kannte.

Grün stocherte - was daran lag, dass er kein gebranntes Kind war - in der verkohlten Asche herum und versuchte, die Fetzen zu ordnen, ohne zu wissen, was da verbrannt wurde. Es war einer dieser Abende, an welchen man eigentlich hätte zuhause bleiben sollen. Grüns Idee war wirklich nicht gewesen, jemanden anderes Kohlen aus dem Feuer zu holen. Nein, ganz und gar nicht; als dieses Verbrennen begann, da sah sich die Zukunft weitaus anders an. Denn - und an dieser Stelle sollte daran erinnert werden - die Suche nach Liebe und Freundschaft, nach Beziehungen und Teilnahme, diese Suche ist keine, auf welche man sich experimentell begibt, ganz im Gegenteil, es ist eher Teil eines Selbst, es handelt sich im Grunde genommen um Begleiterscheinungen des Lebens.

(Wäre es nach ihm gegangen, so wären es ganz andere Kohlen gewesen. Es wäre das ganz genaue Gegenteil gewesen von dem, was sich danach entspann. Es wäre um ein mehr gegangen, nicht um ein weniger.)

Begleiterscheinungen des Lebens auszuschalten, das allerdings, war jedoch Grüns Ziel gewesen. Es sollte doch mit rechten Dingen zugehen. Und so geschah es, dass im System immer wieder etwas doch nicht funktionierte, obwohl es doch so gut ausgedacht gewesen war.

Grüns Antworten auf diese "Aussetzer" lassen sich in den Worten Angst, Hass und Verlangsamung zusammenfassen.

Dämpfer dieser Art waren nur ein weiterer Beweis dessen, dass es sich nicht lohnen würde, das Kinn empor zu recken und Höhlen zu Schlitzen zu formen.

Aber, und das sollte nicht vergessen werden: Es war Grün, der an den Wunden leckte, die er aufgerissen hatte.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Was ich heute gelernt habe [26.10.2010]

[Nichts.]

Auftauchen.

Und mit jedem Auftauchen wird der Druck größer, kann man nur erkennen, dass man tiefer gesunken ist; da, an der Seite, die Leiste, welche die Dezimeter zählt, welche die Meter zählt. Und nur, um die Bilanz ziehen zu können, kann man auftauchen, dann reißt es einen wieder runter, verständlich, ob dieser Zahlen.

"Damit muss doch mal langsam Schluss sein", heißt es.

Aber ja, es wäre schon längst Schluss, wenn einmal etwas angefangen hätte.

Jedoch: Es fing nie etwas an, es ging immer nur so weiter, es ging immer weiter. Und während man fassungslos, außer die Hände vielleicht, denn die pressten sich an die Fensterscheibe, während man also fassungslos dem Geschehen zusah, wurde einem der Boden unter den Füßen fortgerissen. Taumeln oder Straucheln jedoch ist nicht drin, man muss da schon weiter. Man ist ja immer dabei und man weiß ja immer Bescheid. Und es fehlt auch nicht an Ahnung und es fehlt auch nicht an Wissen.

Es fehlt nur an Boden unter den Füßen.

Man kann sich schon immer mitreißen lassen, immer und immer wieder. Man findet schon auch immer eine Hand, einen Arm, eine Schulter, die man ergreifen kann, während die eigenen Füße den Boden entlang schrappen. Aufreißen. Sich weiter entzünden.

So tut es immer nur weh, aber es geht weiter. Und das muss es ja, es muss ja immer weitergehen. Das Moment des Innehaltens ist stets nur Ausdruck der vertrackten Situation, welche, da es ja weitergehen muss, es nicht geben kann.

Menschen wurden verurteilt, da und obwohl sie behaupteten, dass es ohne sie noch weitaus schlimmer gekommen wäre. Wenn es nun aber tatsächlich schlimmer geworden wäre, dann wären sie wahrscheinlich nicht verurteilt worden.

 Philipp Neumann - Ich kann schon gehen [Demo, 20.09.2006] by djalminho

These things at ease;

wenn nun also morgen wieder die Pforten der Hölle geöffnet werden:

Do you remember the sound?

I do. S'times horror, s'times plain love.
And I blame myself.

Montag, 18. Oktober 2010

Zum 33. Todestag der sog. Stammheimer: Das Leben der Mönche

Die Tatsache der Möglichkeit einer Wirkung durch entweder Willkür, also eines Aktes von Handeln,  welches nur in sich selbst Sinn erfährt, und zwar dann nur den, um sich selbst kreisenden, sich selbst hervorrufenden, bestätigenden, oder aber eines punktuellen Ansatzes, der, gleichsam, jedoch aber in umgekehrter Weise, nämlich erst bestätigend ausgeführt und dann zielgerichtet gemeint wird, ist das Hindernis, der Hintergrund, welcher keinerlei produktive Beteiligung zulässt.




Die Aussicht einer produktiven Beteiligung ist die Praxis einer Methode, welche sowohl in sich selbst, also in ihren Grundsätzen, als auch in ihrer tatsächlichen Überprüfbarkeit, Analyse, der Utopie niemals nicht nur entgegenläuft, sondern sie de facto bildnishaft darstellt.

Angesichts einer verschränkten Kultur, scheint daher augenblicklich eine weitmöglichste produktive Absenz erstrebenswert.





Das Leben der Mönche.

Die Hingabe des persönlichen Lebens in Richtung eines isolierten Einsatzes für die Allgemeinheit hat ihren Ursprung im Nahen Osten. Eine Kehrtwendung erfuhr diese Idee im frühen 6. Jahrhundert, als der sog. Heilige Benedikt den Grundstein für eine Gemeinde in Monte Cassino legte und somit einige handlungsweisende Regeln festsetzte, welche für das Leben der Mönche bis in die Postmoderne hinein als Richtschnur gelten:

Die Regeln des sog. Heiligen Benedikts bringen einen dreifachen Eid zum Ausdruck, welchen jeder zukünftige Mönch zu schwören hat:

  • Gehorsam - gegenüber dem Abt und den Gesetzen Gottes
  • Standfestigkeit - der Gemeinde zugehörig zu sein
  • Umkehr - das Leben ständig in Frage zu stellen


Dieser Schwur verfestigt sich durch vier grundlegende Bedingungen:

  • Handarbeit
  • Zurückgezogenheit
  • Einschränkung (in Bezug auf Körperlichkeit und Sinnlichkeit)
  • Versagung (in Bezug auf materielle Besitztümer)


Alle die, die das Leben der Mönchen wählen, wählen das Leben in einem sich selbstbestätigenden, in sich geschlossenen Gehege. Es fehlt nicht an Göttern - und es fehlt nicht an Menschen, welche das Leben der Mönche durch Steuern finanzieren; es fehlt nicht an Lebendigem.

Im Leben der Mönche verwirklicht sich dennoch das wahre Leben: Mitglieder der Gemeinde verbringen ihr Leben damit, zu denken und zu arbeiten - in Abgeschiedenheit der Welt, die Tatsachen schafft, sie jedoch nicht ermöglicht.


Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe führten dieses Leben der Mönche.


Heute vor 33 Jahren starben sie an den Folgen.


Sonntag, 17. Oktober 2010

Was ich heute gelernt habe [16.10.2010]







1.) In Rührei gehört Petersilie.


2.) Wird man gefragt, wie es einem geht, so sollte man antworten. Egal, was. Antworten sollte man aber.


3.) Künftig heißt es nicht mehr "Ich höre" sondern "Telefonnummer + Name"



Montag, 27. September 2010

Was ich heute gelernt habe [26.09.2010] (Sounds so distant yet familiar)







1.) Eine Kunst-Installation, in einer der vor Urin triefendsten Unterführungen Nürnbergs, welche in unmittelbarer Nachbarschaft der Königstorpassage mit einem großem Banner "Heroin" Konsumräume verspricht, ist wahrscheinlich nicht die beste Idee.


2.) Die Bundesregierung hat Humor: 5 Euro. Tatsächlich finde ich das sogar wirklich lustig; wer sich darüber aufregt, sitzt wohl beschützt in Verdun.

3.) Wehmut. Der Film über das Künstlerhaus, das Komm, das K4 hat mich berührt - und nicht nur weil der ehemalige Leiter eine Reihe vor mir saß. Angeschlagen zeigte nicht nur er sich (ihm ist da jedoch keinerlei Vorwurf zu machen, nur höchster Respekt zu zollen), angeschlagen zeigte sich an diesem Fest-Wochenende das ganze Künstlerhaus; strauchelnd, kurz vor dem Knock-Out, möglicherweise dieses auch schon längst. Totenstille. Das war kein Fest. Das war ein Abgesang; die ganzen Banden, die ganzen Flaschen; die Koketterie mit unsichtbar gewordenen Labels...  nein, das ist nicht gut. Die könnten auch mal was anderes erfinden, außer sich zu betrinken und zu tanzen. Alt genug sind sie allemal.

4.) Es gibt auch schöne Erinnerungen. Sie allerdings immer und immer wieder nachzuholen, ist der Mühe nicht wert.


5.) Es gibt auch erinnerungswert Schönes.


6.) Mit der Erkenntnis ist es nicht so weit her. Leider kann man wohl nur das erkennen, was man erkennen will.


7.) Ein Lächeln ist immer noch weitaus beliebter als ein Lachen. 
Und wird auch belohnt.


Pmpn - King Creole [The Scene] by djalminho

[Um den Sonntag zu würdigen, gab es in dieser Stadt nicht nur Sonntagszeitungen. Nein, es gab auch die immer mehr um sich greifende Mode, den Samstagabend ausfallen zu lassen. Diese Unart zeitigte irgendwann die Folge, gar nicht mehr zu schlafen. Glücklicherweise allerdings - hatten diese Tiere ohnehin keine Träume mehr.]

Freitag, 24. September 2010

Was ich heute gelernt habe [23.09.2010]





1.) Die Zeit ist auf dem Wege der Erkenntnis, denn sie titelt heute: "Wie politisch bin ich noch?"
Gute Frage.

2.) Der Unterschied zwischen dem, was man verstanden haben wissen will, und dem, was gehört werden mag, ist kaum auszumessen.

3.) Ganz egal, woran ich gerade denke, am Ende denke ich immer nur an dich.












[Das alles ist nur so tragisch, da man die Personen kennt, die daran teilnehmen; ich wiederhole noch einmal, dass es sinnvoller ist, sich auf die Sache zu konzentrieren, dann jedoch aber bitte nicht vor Personen zurückzuschrecken, die die Sache nur tangieren. Da wir uns immer und immer wieder berühren werden, sollten wir im vorhinein klären, was wir denn wollen, was wir abgeben können, was wir für uns behalten können. Es gilt nicht, um Himmels Willen Mitstreiter zu finden. Es gilt, gesamtgesellschaftliche Kritik als "Denk' Mal" zu errichten.]

Mittwoch, 22. September 2010

Was ich heute gelernt habe [21.09.2010]





1.) Angeblich seien Politiker nicht die besseren Banker; Journalisten dann allerdings auch nicht.

2.) Der Weg zum Erfolg ist manchmal einfacher, wenn man die Gegner vernachlässigt. Der Erfolg ist damit jedoch nicht gegeben.

3.) "Selbstbewusstsein, ein sozusagen emporgerichteter junger Mann, emotional aber unterkühlt; das prägt auch den Blick in die Welt. Schauen Sie: Richtig Philosophie entsteht eigentlich erst dann, wenn man einen gewissen Dissenz hat zu dem Selbstverständlichen des Lebens. Man muss mindestens so weit distanziert sein, dass man überhaupt staunt. Und diesen Blick, ein Zaungast einer Party zu sein, dann erst fällt einem einiges auf. Und dieser Zaungast einer Party, der selbstbewusste Zaungast einer Party, so ist Schopenhauer groß geworden." (Rüdiger Safranski am 20.09.2010 im NDR über Schopenhauer)

4.) Daten statt Taten^^ (oder vice versa)


Philipp Neumann - Darkness At Noon [Demo, 12.10.2005]
by djalminho

Das Gefühl, es implodiert einem der Kopf. [...] Das Gefühl, das Leben fährt - fort. 
Das ist eigentlich nicht mehr da.

Und ab und an, da vermisst man es dann doch, denn man möchte doch zu gerne immer alles erfahren, alles bei sich wissen, was einem gehört. Nicht loslassen, was man kennt und weiß; das soll nicht gehen, da man es jetzt versteht. Nur weil man es versteht. Der Terrorist der eigenen Seele soll nicht verschwinden, ohne dass er Adieu gesagt hat, ohne dass er die Kombination genannt hat. 

Ein wenig Spielraum soll bleiben.

Und der bleibt. 

Die Straßen sind voller Blei, die Mütter sind Mündungen.
Den Kopf hoch und den Überblick behalten.

Für das, was wirklich ist. 









Dienstag, 21. September 2010

Was ich heute gelernt habe [20.09.2010]





1.) Aufheben ist nur eine Art Aufgabe.

2.) Jerry Lee Lewis wird auch nicht besser.

3.) Der Computer allerdings, der weiß es besser (Sellerie = 0,59 €, da im Angebot).

4.) Schopenhauer hatte eigentlich nichts gegen Frauen, er hatte nur keine.

[Die Richtung, welcher man folgt, ist oftmals nicht die, deren Ziel man erreicht.]


 
Philipp Neumann - Auch du gehörst dem Führer [Demo, 19.07.2007]
by djalminho


Auf der anderen Seite, sollte man eben jene nie vergessen.








Dienstag, 14. September 2010

Community

Was seit jeher fraglich erschien, ist die Einteilung von Menschen in Gruppen; seien sie bedingt durch Alter oder Gesundheit, durch Aussehen oder Ausdruck, durch Können oder Lust, durch Wissen, Handwerk oder institutionell bedingter Ausweise.

Während eines Spaziergangs stellte sich die Frage des Alters. Jemand hatte Geburtstag und anlässlich dieser Tatsache, war es wohl unumgänglich, dieses Thema nicht anzureißen. Da sich der Großteil der Gesellschaft in einem nicht gesetzten Alter befand, sah sich der Jubilar wohl außer Stande, es sich nicht nehmen zu lassen, die Thematik selbst anzusprechen, beziehungsweise die seiner Meinung nach damit zusammenhängenden körperlichen Erscheinungen, welche er als oder zum Anlass nahm, darüber das Alter zu definieren, nämlich als negativ, als schlecht.

Man mag diese Person grundsätzlich nicht bedauern wollen; seine Lebensgefährtin ist äußerlich weitaus hübscher, als man es ihm zugetraut hätte, zudem ist er seinen Weg gegangen - einen Weg zwar, den man mit ehrlicher Zunge als weit gefehlt bezeichnen kann, aber wann kann man das nicht, wann möchte man das nicht tun, immerhin ist er ihn aber gegangen. Dies sollte man jedem anrechnen, beziehungsweise auf der Haben-Seite verbuchen, bevor man mahnend den Rotstift ansetzt.

"Wir werden alt", hieß es, als man ringsum nur ausgesprochen von sich selbst gelangweilte junge Menschen sah, deren Potenzial darin bestand, im Kampfe gegen eine Digital-Uhr den Kürzeren zu ziehen. Ein Spiel, bei welchem man in Gedanken eine vorgegebene Anzahl von Sekunden herunterzählt, um dann im Vergleich zur tatsächlich vergangenen Zeit eine gewisse Einordnung zu erfahren.

Die Unterhaltungen handelten von Vergangenem oder Gegenwärtigem, welches allerdings jeweils einzuordnen war in Erfahrungen, die abgeschlossen sind.

Die Angst vor dem Alter ist grundsätzlich das Alter selbst und zwar in Person der sog. alten beziehungsweise älteren Menschen, welchen man ausgesetzt wird oder sich selbst aussetzt. Angst (und aber auch Schutz) vor dem Alter ist somit wohl hausgemacht und deren Folgen nur Ausrede für eine gewisse Selbstverliebtheit, welche man in Klischees lebendig werden lässt.

Es ist oftmals kein Grund vorhanden, sich anders zu fühlen; man will es ja auch nicht; es ist oftmals kein Sinn vorhanden, sich anders zu fühlen, denn man ist es ja nicht. Ab und an allerdings, da fühlt man sich wohl, und sei es einzig und allein des Wissens darum, dass man es doch eingehalten hat, das Versprechen. Nein, nein, mitnichten hat man etwas erreicht, hat man irgendetwas geschaffen oder geschafft, auf das man stolz sein könnte - aber, und das ist vielleicht wichtiger, man hat sich auch nicht durchreichen lassen, man hat sich nicht gehen lassen; man ist schon selbst gegangen.

Während anderswo das Oberflächliche betrachtet und möglicherweise auch schichtweise untersucht wird, und zwar tatsächlich, so hat man doch ab und an wenigstens durch eigenes Zutun viel mehr gesehen.

Manchmal kann es nichts schöneres geben, als morgens um fünf an einer Straßenecke [sic!] zu stehen und mal eben P=NP aus dem Ärmel zu schütteln und jemandem neben sich zu wissen, der davon zwar sehr viel mehr versteht, aber im Grunde auch nicht mehr wissen will, als dass man eben an der gleichen Straßenecke steht.

Donnerstag, 9. September 2010

Pattjomkimsche Dörfer

Es war heute, da ich den Unterschied zwischen Patt und Matt wirklich kennenlernte.
Kennenlernen musste.

Das Matt, also das Schach-Matt (auch als Schach-Mattii bekannt) im Weiteren, ist eine klare Angelegenheit: Im Matt befindet man sich, wenn man bedroht ist, aber keinerlei Möglichkeit hat, der Drohung auszuweichen. Ein Matt kann nach langem Spiel enstehen, aber auch auch relativ früh. Schuld ist man immer nur selbst und das Auskommen des Matts ist die Niederlage.

Das Auskommen des Patts hingegen ist vordergründig und regelmäßig keine Niederlage. Ein Patt bezeichnet eine Situation, in welcher es dem eigentlich unterlegenen Spieler unmöglich ist, das Spiel zu gewinnen, der Gegner allerdings auch nicht in der Lage ist, den König, ich verwende hier die Sprache des sog. Schachs, davon abzuhalten, einen ungültigen Zug zu ziehen, sprich: sich selbst dem Suizid zu verantworten, was nach den Regeln dieses Schachs ungültig ist.
Und weise.

Allerdings, das muss man festhalten, ein Patt bedeutet ein Remis; beide Parteien können das Schlachtfeld erhobenen Hauptes verlassen; in meiner Wirklichkeit sind wir tot.

Freitag, 18. Juni 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 4]

Grün fiel es sicherlich nicht leicht, nein, es war nicht einfach, zum wiederholten Male mit diesem Blick, mit diesen Augen, die Stätte der Verwesung zu betreten, welcher er doch zu oft den Rücken zugekehrt hatte, doch es war auch eine Geste, Ausdruck inneren und äußeren Zwangs, welcher er sich nicht entziehen konnte und in welcher er sich spiegelte. 

Katastrophen nicht aus dem Auge zu verlieren, sondern sie vielmehr nur im Auge zu sehen, im Auge des Betrachters, scheint ein Talent zu sein, welches sich dieser Tage kaum in Sprache fassen lässt, vorausgesetzt, dass es noch nicht verloren ist.



Es wird viel geredet und man hört auch viel zu, vielen zu, zu vielen zu, doch ist das Kreuzfeuer der Kritik stets nur ein Blitzlicht-Gewitter, ein Donnerwetter, im Zuge dessen sich die schwarzen Wolken als nichtig erweisen, die Einschläge nichtsdestotrotz ihre Wirkung entfalten und diese ist:

Ein schamhaftes, kaum aufrechtzuerhaltendes, rotierendes Lächeln, zuckende Fältchen um die Lippen. Angst um Angst, Gedenken an die Außenwelt, ohne von ihr Notiz nehmen zu können. Grün kannte das alles schon, doch hier nun sollte es ihm erleichtert werden, anderen die Spannung zu nehmen.

Im Aufzug sprach Grün mit niemandem; er lauschte den Gesprächen und er entnahm ihnen ein fundamentales Grundverständnis von Liebe, welches sich in einer Art wildem Herumgehampel, einem einzelnen Ohrhörer und unflätigen Witzen äußerte. Es handelte sich um Witze gegen Faschismus.

Witze gegen Faschismus.



Die Katastrophe Grüns, die Grünsche Katastrophe bestand darin, eigentlich alles richtig gemacht zu haben, den Formalia zu entsprechen, jedoch dennoch unzureichend zu erscheinen, als unzureichend dargestellt zu werden, konstruiert zu werden. Im weiteren Sinne bestand die Katastrophe darin, dass es doch seine Aufgabe war, gerade solche Katastrophen anderen Personen auszureden - und zwar mittels professioneller Technique.

Grüns Aufgabe, also die letztliche Aufgabe, war das "sich wundern". Die beiden Handflächen betend gegeneinander gepresst, die Fingernagelkuppen der Daumen hinter die Schneidezähne drückend, dachte er schon nach, nur kam er zu keinem Ergebnis, als ihm eine alte Weise einfiel, welche von einem Goldgräber erzählte, welcher so vernarrt nach Gold suchte, dass er sich am Ende sein eigenes Grab schaufelte.

Grün selbst war stolz darauf, dass er groß genug war, um aus einem üblichen Grab mit Leichtigkeit hervorluken zu können.




Dienstag, 18. Mai 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 3]

Grün! Was für eine famose Idee!

Doch, doch... nein, nicht die andere. Der Anzug, der Anzug ist uns das letzte Kleidungsstück, welches uns Freiheit leben lässt, selbst wenn man es auf den ersten Blick nicht glauben mag.

Es ist so: Der Mensch im Anzug, respektive Hosenanzug (wie es ja heißt), hat nichts zu befürchten.

Er kann Verbrechen sein, aber auch Verantwortung.

Grün hatte gar nicht daran gedacht., denn Grün wollte sich fortbilden. Er hatte diese Idee aufgeschnappt und fand sie recht interessant.

Es war in letzter Zeit immer öfters zu Tage getreten, dass es sich hier um wirklich pathologische Züge handelt; nicht das alte Klein-Klein, nein; der Verlust der Tatsächlichkeit hatte überhand genommen, die Augen drehten sich zu oft weg und die Lösungsansätze, die Grün selbst gefunden hatte, waren in kürzester Zeit zu sich immer wiederholenden Clips geworden, so dass sie mittlerweile keine Bedeutung mehr hatten. Es waren Ideen nur, es waren Ideen geworden.

Dann aber immer wieder, dann kam es doch zu Zwischenfällen, wo sich Grün gewünscht hätte, irgendeine Handhabung gereicht zu bekommen; und sei es eine Waffe. Er hatte ja keine.

Es waren also nur starre Augen und Lippen. die ein wenig zitterten, wichtiger aber war, dass sie sich nicht so bewegten, wie sie sollten, dass sie keinen Platz für Laute ließen und dass es wieder mal passierte. Und das Grün sprachlos da lag, da blieb.

Sicherlich hätte Grün das alles regeln können, dann jedoch, dann hätte das auch sonst jeder regeln können, mit ein paar Schlägen links und rechts und in die Mitte; gerecht wäre das nicht gewesen, aber gerechtfertigt, stattdessen ging man weiter. Die klugen Menschen von Nürnberg.



Grün fand sich wieder einmal vollkommen allein und dann und dann... dann hätte er sich ja Hilfe holen können. Was er auch tat, was ihm auch gut tat. Dass sich die Augenfarbe ändert. Dass sich die Aufgabe ändert.

[Grün war an diesem Tag auf sich allein gestellt. Er sprach mit einem Mädchen, dass eine Frau war. Grün fand den Kontakt zu seinem Beruf besser, als seinen Beruf. Grün war immer noch in die Idee vernarrt, dass er eine Idee hätte.]

Grün hat am Ende ausgespuckt, da es doch ein wenig zu farblos wurde.

Dienstag, 11. Mai 2010

Wein 2.0











Nachdem Johnny Vision, die neue Joy Division Cover Band, schon nichts gerissen haben, nun eben etwas subtiler.

Dienstag, 2. März 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 2]


Eine an Gottvertrauen mahnende Trotzreaktion, von vielen seiner Altersgenossen als Gnadenakt angesehen, hatte Grün schon vor etlichen Jahren - Jahren, Tagen, wer zählte sie noch? Jene Schreibtischauflage jedenfalls hatte ihren Glanz innerhalb der Gründerzeit der verallgemeinerten Bundesrepublik wohlwollend verloren - in eine Existenz geworfen, welche keinerlei Rückgriff auf bekannte Interessen, grundlegende Kenntnisse oder strukturierende Elemente zuließ, die - sei es auf die ein oder andere Weise - als hilfreich angesehen hätten werden können, nicht jedenfalls während dieses Aufenthalts, welcher, zeitlich gesehen, doch stets dazu tendieren suchte, eine spezielle (Man erinnere sich nur an den Ausruf des Kritikers: "Er denkt, er sei etwas spezielles: ein Spezi!") Eigenart Grüns darzustellen, eine Art Rollschuhfahren leicht abgeänderter Art, eher einer Achterbahnreise ähnlich, dabei aber doch seltsam elegant, nicht fortwährend krachend, schreiend, das elende Geräusch der Freiheit nachhämmernd, nein, eher beiläufig banal, im Aufprall stets solide, rückgratbeweisend, solange die Fahrbahn eingehalten wird: Alles in allem eine vertrauenswürdige, liebenswerte, dennoch ein wenig zu aufdringliche, beiläufig fast anmaßende Art, im Vorbeigehen in manchen Situationen - aufgrund des fortgeschrittenen Alters sicherlich zu vernachlässigen - auch ein wenig zu modern.


Gewissen Traditionen folgend wird uns die Zukunft in nichts nachstehen, solange wir es wenigstens gedacht haben; Visionen wie diese erschaudern bei der Tatsache Grüns, welche sich spielend hätte im Kreise drehen können angesichts der Mannigfaltigkeit besitzwahrender Widerstände, deren einzigstes Ziel in der Reduktion der allgegenwärtigen und gesellschaftlich bestimmenden Träume oder vielmehr Träumereien vieler Hundert Neugeborener bestand, und welche sich robust verschanzt hatten, hinter Mauern, gestützt von der Hände Arbeit, welche stets Anstalten machten, von sich aus auf eben jenes zu verzichten, was nicht nur  grundsätzlich sondern selbstverständlich allen - und hiermit sind tatsächlich alle gemeint, wenngleich es schwerfallen mag, dem ein oder anderen das zugestehen zu müssen, was man sich (zumindest der eigenen Erfahrung nach) selbst erarbeitet hat - willfährig gehört.



Grün arbeitete innerhalb seiner Verantwortlichkeit mit einer bis dahin beispiellosen Akribie; nein, Akribie scheint an dieser Stelle das falsche Wort, Anarchie trifft wohl eher den Zustand seines Bewusstseins, seiner Fähigkeiten und seiner Taten, was jedoch keinerlei Modifikation der Resultate bedeutet, deren Urheber er nicht einmal war, nicht einmal interpretiert hatte er sie, einzig und allein hingegeben hatte er sich ihnen, um im Vorgriff das zu erfahren, was ihn erwartete, wobei dennoch oder gerade deshalb ein gewisser Maluspunkt auf ihm lasten könnte, in Richtung einer - sagen wir - selektiven Wahrnehmung, man wird jedoch im Folgenden feststellen, das solch eine Befürchtung vollkommen abwegig ist, beziehungsweise weitaus weniger abwegiger als das Gegenteil. Um jedoch derartige Sorgen im Vorfeld nicht nur zu zerstreuen, sondern vielmehr ausschließen zu können, sollen folgende zwei Beispiele - fürwahr aus dem Zusammenhang gerissen, auch werden sie gerade deswegen keine weitere Rolle mehr spielen - dienen:



1)
Grün betritt im Sommer die Oberfläche, aus einem U-Bahn-Verteilergeschoss kommend, und findet sich nahe der Innenstadt wieder, ohne dies allerdings bewusst zu bemerken und sich dieser Tatsache anzupassen. Er geht ein paar Meter und passiert eine kleine Gruppe von Menschen, welche vor einer offensichtlich verschlossenen Tür steht, die - wäre sie geöffnet - den Weg in eine Sparkassen-Filiale bereitet. Ein den Bräuchen der Büro-Etagen gekleideter Mann tritt heran, fragt die Gruppe, ob es sich hier um die Eingangstüre der Sparkasse handele, rüttelt an dieser, ohne zuvor eine Antwort erhalten zu haben, wendet sich dann erneut an die Gruppe und fragt diesmal, weshalb sich die Türe nicht öffne ließe. Grün erfährt dies im Vorbeigehen, ist sich der Tragweite jedoch nicht bewusst.



2)
Während eines alltäglichen Vorgangs, welcher keinerlei Bedeutung für die folgende Episode hat, wartet Grün auf Ergebnisse und vertritt sich aufgrund der Zeit des Wartens und des Wissens darum die Beine; dabei ist er zwangsläufig in seine Umgebung verwickelt, obwohl er sie nicht absichtlich beobachtet. Grün bemerkt ein Pärchen, welches sich tanzend auf der gegenüberliegenden Straßenseite bewegt, und führt dies auf laute Jazz-Musik zurück, die aus einem Fenster dringt, vor dessen Haus er steht. Jugendliche laufen an ihm vorbei und einer von ihnen bemerkt die, wie er sich ausdrückt, seltsame Musik, während einige Minuten später eines von drei Mädchen,  welche urplötzlich aus der der Sichtweise Grüns entgegengesetzten Richtung auftauchen  - in der Nähe liegt eine Schule, es ist Mittagspause, daher das unverhältnismäßige Aufkommen junger Menschen - sich plötzlich fröhlich jauchzend für die Süße (gemeint ist hier die Niedlichkeit) eines Objekts innerhalb eines Schaufenster begeistert; das zweite Mädchen folgt ihrem Ruf und der Betrachtung, das dritte, weitaus dicklichere Mädchen wendet sich zwar auch der Schaufensterauslage zu, bemerkt jedoch nur, diese sei hässlich. Grün besieht erst weitaus später und auch in räumlich sicherer Entfernung das Schaufenster, kann sich allerdings nicht entschließen.



Es fällt leicht, die Anklage zu erheben, sie dessen zu bezichtigen, dass sie ein gutes Leben haben, jedoch vergisst man all zu oft, dass sie hart dafür gearbeitet haben.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Bericht über die Aufstellung der letzten - inhaltlich jedoch leeren - Tage von Grün, verfasst in einem seltenen Moment außerordentlicher Gesetztheit [Teil 1]

Die Instrumente, welche - im Nachhinein betrachtet - sicherlich einer gründlicheren Justierung bedürft hätten, waren die gleichen geblieben, wenn man auch zugeben muss, dass die Stunden derer, die sie bedienten, derer, die diejenigen, die sie bedienten, auswählten, angezählt waren; ein gewisser Ausklang war zu vernehmen, ein leiser Nachhall zwar, doch ist der Abstieg ja niemals ein Fall, vielmehr ein Schritt in die Institutionen, Tag für Tag, welcher sich zum einen ja erst dann zeigt, wenn er vollbracht, am Grunde angekommen ist, zum anderen aber auch nur gerade dadurch Bedeutung erhält, wenn nämlich zu erkennen ist, dass ein Ablauf stattgefunden hat, ein tatsächlicher Unterschied zumindest zweierlei gesellschaftlicher Stufen konstatiert werden kann.




Die Tatsache, und es wäre selbst einer in dieser Hinsicht versierten Person schwer gefallen, dies zu leugnen, wenngleich natürlich festgehalten werden muss, dass all diese Beobachtungen, von denen im Folgenden die Rede sein wird, rein auf Wahrnehmungen beruhen, weshalb die daraus gezogenen Schlussfolgerungen niemals zu Verallgemeinerungen einladen sollten; die Tatsache jedoch, dass sich in diesen letzten Tagen eine gewisse übersteigerte Aufmerksamkeit von im Allgemeinen als hübsch bezeichneten jungen Frauen - und es sei darauf hingewiesen, dass es sich tatsächlich um Frauen, nicht um Mädchen, handelte - ihm gegenüber zeigte, selbst wenn diese ihren Ausdruck nur in übermäßigen Blickkontakt und hochgezogenen Brauen fand, ist insofern bemerkenswert, als dass sich hier zum Ende hin doch eine gewisse Wandlung vollzog, welche - natürlich, dies ist nicht zu verhehlen - überfällig, des Weiteren aber niemals automatisch oder gar zwangsläufig, war, sondern im Grunde nur Ausdruck der Konzentration und Isolation dessen, was sich als Anspruch - oder vielmehr besser - Potential niemals entfalten hatte können.




Wenn der Blick in den Spiegel, die Möglichkeit der Selbsterkenntnis, der Versuch, sich selbst zu untersuchen, zu kontrollieren und zu entfremden; die Berührung des eigenen Selbsts, der Verletzbarkeit, der Verwundbarkeit, sprich: die Anmaßung der eigenen Person, wenn dies eine Operation darstellt, welcher man sich - gleich ob Arzt oder Patient - ohne Narkotikum nicht mehr beugen kann, so mögen die Gründe dafür ausreichend vorhanden sein, der aktuell Betroffene jedoch wird sich ihrer niemals bedienen, da es eben nicht so ist, dass hinsichtlich der Erfahrung, der Realität und des tatsächlichen Gefühls ein Zusammenhang besteht - das Gegenteil scheint der Fall zu sein, eine Kohärenz ist nicht erkennbar - nein, die Flucht ist es eben gerade nicht, welche diesen Bewusstseinszustand auszeichnet, Kriterium der geistigen Verfasstheit ist doch geradezu die Tat als fixe Idee, ein möglichst unbeobachtet, aber stets durch unsinnige Gedankenkonstrukte abgesichert, durchgeführter Akt der Inkrimination.




Erotik und Sexualität sollen - da sich doch angesichts der Faktualität, dass wir von Menschen, nein, Personen umgeben sind, deren intimste Wünsche uns nichts, aber auch gar nichts angehen, obwohl sie sie uns wohlwollend als marktradikales Angebot unterbreiten - nur als das erwähnt sein, was sie sind: Brauchtum und Angst, hinreichendes Mittel zur Durchführung machtgeleiteter Interessen; die Funktion der Sexualität, Wachstum zu erzeugen, ist merkwürdigerweise das einzige kapitalistische Interesse, welches sich selbst - innerhalb der Erotik - zuwiderläuft, was damit zusammenhängen mag, dass es sich um eine animalische Verhaltensweise handelt, die es - wie jede andere auch - zu zähmen und zur Produktivität anzureichern gilt. Dass Pornographie und Prostitution als Teil dieser irrgedachten Realität bestehen, ist in keiner Weise in Zusammenhang zu setzen mit Erotik und Sexualität, da es sich hier nur um einen Gedanken, um eine Idee, handelt, welche Korrelationen erzeugt, die nicht den Tatsachen entsprechen; ein Beispiel: Sicherlich gibt es viele Menschen, die sich ein Fußballspiel ansehen, die extra dafür produzierte Zeitschriften lesen, Menschen, die sich Mühe geben, "Bescheid" zu wissen, sich selbst zu aggregieren; Fußball allerdings, Fußball spielen nur die wenigsten von ihnen.




In diesem Moment jedoch, in diesem Moment zu denken, wäre wohl vielen nicht leicht gefallen, weshalb es sich auch nicht für Grün als Alternative darstellte, zu denken, zumindest das zu denken, was im Auge der meisten Betrachter notwendig gewesen wäre, zu denken, nein - zudem fließt auch alles viel zu schnell durch die Augen, als dass man es als Gedanken festhalten könnte. Es sind ja die Exempel, welche von außen statuiert werden, die uns interessieren, da man sich eine gewisse Befreiung erhofft, die durch Schaulustigkeit befriedigt wird; nun ist es jedoch in diesem Fall so, dass es diese nicht geben wird, da, wenn es etwas aufzudecken gäbe, der Bericht keinen Sinn machte.


Man stelle sich nur einmal die folgende Verlegenheit vor.